Mittwoch, 3. Dezember 2008

Unwirtliche Wirtschaften.

Nun wohne ich seit bald 2 Jahren in diesem hübschen südhessischen Städtchen und bereue es nicht, hier her gezogen zu sein.

Die Verkehrsverbindungen zur nahe gelegenen Großstadt Mannheim sind sehr günstig. Mit der Bahn ist man in nur 12 Minuten am Hauptbahnhof. So gesehen könnte man sich seine Stammkneipen auch in Mannheim suchen und wäre nicht auf das Angebot am Ort angewiesen. Aber wieso kommt man überhaupt auf solch einen Gedanken?

Gastronomisch gesehen hat sich mir diese Stadt leider noch nicht erschlossen. Zwei Arten von gastronomischen Betrieben gibt es hier in ausreichender Menge: Spielsalons und Fresstempel, wenn man das mal so flapsig sagen darf.

Spielsalons gibt es hier, die sogar 24 Stunden rund um die Uhr geöffnet haben, wobei ich mich allerdings frage, wer denn wohl morgens um halb fünf dort an einem Automaten sitzt. Aber vielleicht haben diese Unternehmen auch eine soziale Funktion als Obdachlosen-Bleibe, geheizt wird es dort schon sein.

Bisher noch nicht gelungen ist mir, eine angenehme Stammkneipe ausfindig zu machen. Da erhebt sich allerdings primär die Frage, wozu braucht man eigentlich eine solche. Die Antwort ist keineswegs der Alkoholkonsum, sondern die Kommunikation mit anderen Bürgern in lockerer Atmosphäre.

Bisher habe ich hier allerdings nur Kneipen angetroffen, deren Wirte sich große Mühe geben, genau das zuverhindern. Was sich dafür besonders gut eignet, sind große Bildwände, auf denen entweder Fußball oder Musikvideos in den Gastraum plärren, auch Spielautomaten haben sich als Kommunikationsbremse gut bewährt. Die Raucher sprechen zwar meistens schon miteinander - aber vor der Türe oder hinter der Luftschleuse im Nebenraum.

Aber auch wenn schöne Musik von alten Schallplatten vorgeführt wird, ist die dafür gewählte Lautstärke derart, dass einem schier das Trommelfell platzt und natürlich kann man sich dann mit seinen Nachbarn nicht mehr unterhalten. Vermutlich ist es deshalb so laut, weil der DJ die ungeteilte Aufmerksamkeit seiner Gäste auf diese Weise erzwingen will.

Um als Fremder in einem Lokal einmal mit Leuten ins Gespräch zu kommen, die man vorher nicht kannte, kann man sich natürlich nicht an einen Tisch in der Ecke setzen. Dafür gibt es ja auch die Bartheke. Dennoch kann es vorkommen, dass man dort entweder isoliert sitzt oder die Nachbarn ein Gespräch führen, für das man selbst kein Interesse hat.

Was macht man nun dann als vereinsamter Gast? Eventuell könnte man ja einmal eine interessante Zeitschrift ansehen. Natürlich ist derartige Literatur weit und breit nicht anzutreffen; wenn man Glück hat, vielleicht das örtliche Käseblatt vom Vortag. Bleibt dem Gast das Starren auf die hochinteressante Gläservitrine.

Hier ist eigentlich der Punkt gekommen, wo ein guter Gastwirt eingreifen sollte, indem er seinen Gast in ein unverbindlich freundliches Gespräch verwickelt.

Traurig ist ein Pub, in welchem Gast und Gastwirt wortlos aneinander vorbei starren.

Aber vielleicht gibt es hier doch noch ein Lokal mit sozialem Ambiente, in welches man gerne einmal geht, um mal wieder mit Leuten zu sprechen, auch mit solchen, die man vorher noch nicht kannte, und ich habe es nur noch nichtgefunden.

Notfalls bleibt noch Mannheim, da weiß ich wohl, wo es so etwas gibt.

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